Predigt-Gedanken zum 4. Sonntag der Osterzeit (3.5.2020) von Pfr. Josef Scheiring

Liebe Gläubige!

Hier die Predigt-Gedanken von Pfr. Josef Scheiring zum 4. Sonntag der Osterzeit als Download und als Text:

2020-05-03-Gedanken-Pfr.Josef-4.Sonntag der Osterzeit-LesejahrA

 

Gedanken zum 4. Sonntag der Osterzeit LJ A         Joh 10,1-10

 „Wie schön: Eine vertraute Stimme!“ Das kennt vermutlich jeder von uns: Eine Stimme, die man mit geschlossenen Augen erkennt. Die Stimme ist ja etwas ganz Individuelles. Jede ist anders. Es ist mir sogar schon passiert, dass ich einen mir eigentlich bekannten Menschen mehr an seiner Stimme als an seinem Aussehen erkannt habe. In der Tat: Stimmen haben etwas Einprägsames für die, die dafür eine Wahrnehmung haben; für die, die sie hören können und wollen.

Es ist schon bemerkenswert: Trotz aller technischen, nonverbalen Möglichkeiten heute, trotz Email, SMS, Face-Book, WhatsApp und vielem anderen, kann das gesprochene Wort, ob bei einer persönlichen Begegnung oder am Telefon, durch nichts ganz ersetzt werden. Nichts von all dem ist so persönlich, freilich auch verräterisch, wie das Sprechen. „Sprich, damit ich dich sehe,“ das hat schon Sokrates gesagt.

 Im heutigen Evangelium ist auch von einer Stimme die Rede. Es ist SEINE Stimme, die Stimme des Guten Hirten. Es ist die den Schafen vertraute Stimme, die, weil sie sie kennen, ihm folgen lassen. Christus bezieht bekanntlich das Bild vom Hirten und seinen Schafen im Johannes-Evangelium auf sich und die Seinen. ER ist es, der uns immer von neuem ruft. Hörst du, mein lieber Pfarrer,(hier kannst du deinen eigenen Namen einfügen) diese Stimme noch heraus aus dem Stimmengewirr in der Welt und der medialen Dauerbeschallung? Und vor allem: Hörst du sie nicht nur, sondern folgst du dieser Stimme auch? Das weißt du aber schon, dass dieses Hören Folgen hat oder vielmehr haben soll? Im Evangelium hören wir, dass er uns „einzeln beim Namen“ ruft. Er kennt und weiß um uns. Wir sind für ihn eben nicht namenlose Herdentiere, die in einer unüberschaubaren Menge untergehen.  „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein!“ (Jes 43,1) Also gilt im recht verstandenen Sinn: Wir sind Wer – auch und erst recht bei Gott. Wir sind Wer– auch als seine Kirche, in der großen Schar derer, die an ihn glauben und auf ihn hören.

Und in dieser Gemeinschaft, Kirche genannt, hören wir immer wieder vertraute Worte, die ER zu uns spricht. Auch wenn es Momente und Phasen in unserem Leben gibt, in denen uns die vertraute Stimme selber fremd geworden ist, wo Gott zu schweigen scheint: Eines Tages werden wir sie wieder hören, freilich nur wenn wir auf sie zu hören gelernt haben, wenn wir darin geübt waren, sie zu erhören, zu erlauschen – in der Stille, im Gebet, in der Musik, im Gottesdienst…

Es ist die vertraute Stimme, die uns zum Leben ruft, zum „Leben in Fülle“, wie es Jesus am Ende der heutigen Evangelien-Perikope selber sagt.

 Ihr sollt das Leben haben und es in Fülle haben!

Es steckt so viel drin in diesem Bild vom Leben und der Fülle.
Unser tägliches Brot gib uns heute – Für unsere jungen Menschen gehört da, salopp vereinfacht, selbstverständlich Mc Donalds, Red Bull, die günstigen Jeans-Klamotten, Smartphone, Geld fürs Kino und vieles mehr hinzu. Für uns Erwachsene ein Urlaub, das Dach über dem Kopf (am besten das eigene Haus), die Liebe und Fürsorge eines Menschen, der sich um uns kümmert, beste ärztliche Versorgung, das Auto,  Alterssicherung, Erhaltung des Lebensstandards und so weiter.

Für einen Menschen z.B. im Sudan bedeutet das aber: Für heute einen Becher Wasser und einen Maisfladen, die Chance, dass nicht drei von sechs Kindern sterben, sondern vielleicht nur eins. Weide für das Vieh und ein Tag ohne Krieg. Für eine Chinesin am Land eine Tasse Reis und vielleicht auch die Möglichkeit, das zweite Kind behalten zu können, auch wenn das erste schon ein Junge war.
Nur Stichpunkte, die aber deutlich zeigen: Irgendwie klappt das mit der Fülle nicht. Weder bei uns noch in der Welt. Wir wollen immer mehr, immer billiger, immer komfortabler – die Wirtschaft und der Lebensstandard sollen wachsen. Ist dies nicht der Fall, klagen wir und sind niedergeschlagen. Und anderswo will man einfach nur Brot, gerechten Lohn oder Frieden für die Familie und das Leben und trotzdem müssen Kinder sterben und Menschen verhungern.
Und das Tragische oder besser das Verhängnisvolle bei alledem ist: Es hängt miteinander zusammen.
Irgendwie zerstören wir Menschen durch unser Tun und Lassen die Verheißung vom Leben und der Fülle selbst. Und wir tun das meistens noch nicht einmal in böser Absicht oder mit Kalkül. Dadurch, dass wir so leben, wie wir es tun, machen wir die Absicht, allen Menschen Leben und die Fülle zu schenken, kaputt. Mit unserem selbstgerechten und egoistischen Streben sammeln wir bildlich gesprochen unser Brot in Scheunen, bekommen trotzdem nie genug und nehmen es anderen auf indirekte Art weg. Ändert „Corona“ etwas an dieser Einstellung? Corona selbst wird nix ändern, WIR müssen uns ändern-basta. Lets hope.

Jede Tiefenkrise hinterlässt eine Story, die weit in die Zukunft weist“. Eine der stärksten Visionen, die das Coronavirus hinterlässt, sind die musizierenden Italiener auf den Balkonen. Die zweite Vision senden uns die Satellitenbilder, die plötzlich die Industriegebiete Chinas und Italiens frei von Smog zeigen. 2020 wird der CO2-Ausstoss der Menschheit zum ersten Mal fallen. Diese Tatsache wird etwas mit uns machen.“ (Matthias Horx)

Könnte es so sein, wie  Horx weiter meint?

„Die drastische Botschaft des Coronavirus lautet: Die menschliche Zivilisation ist zu dicht, zu schnell, zu überhitzt geworden. Sie rast zu sehr in eine bestimmte Richtung, in der es keine Zukunft gibt.

Aber sie kann sich neu erfinden.
System reset.
Cool down!
Musik auf den Balkonen!

So geht Zukunft.“

Das wäre wirklich was-System reset– noch fehlt mir a bissl der Glaube daran, dass viele Menschen diesen Traum träumen, aber ich lasse mich gern überraschen, liebend gern.

Pfr. Josef Scheiring