Predigt-Gedanken zum 5. Sonntag der Osterzeit (Muttertag – 10.5.2020) von Pfr. Josef Scheiring

Liebe Gläubige!

Hier die Predigt-Gedanken von Pfr. Josef zum 5. Sonntag der Osterzeit und Muttertag als Download und als Text:

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Gedanken zum 5.So d Osterz (LJ A)   –                                                 auch: Muttertag

Ich möchte heute zum Muttertag mit einer mir zugeschickten Geschichte beginnen, die theologisch nicht ganz haltbar ist, eben eine Geschichte, die uns zum Nachdenken anregen soll, nicht mehr und nicht weniger.

Die Geschichte spielt im Himmel. Gott, der allmächtige Schöpfer nimmt seine Sorge für den Fortbestand des Menschengeschlechtes wahr. So gibt er Anweisungen für das Mutterglück und das Muttergeschick. Die Engel schreiben seine Anweisungen in ein riesiges Buch. “Helene B.”, diktiert Gott. “Einen Sohn, … und als Schutzheiligen: Mathias“. „Christine A.“, eine Tochter und als Schutzheilige Cäcilia. „Marianne W.“: Zwillinge, als Schutzheilige schicken wir Hubertus und Gerhard dorthin. Die sind es ja gewohnt, dass viel und oft geflucht wird.” Und dann? Dann nennt Gott mit leiser Stimme einen Namen „Astrid R.“ und sagt: “Ein behindertes Kind”. Dem schreibenden Engel fällt die Feder aus der Hand. “Aber warum? Warum gerade ihr? Sie ist doch so glücklich. Sie lacht doch immer!” “Eben”, sagt Gott, “ich kann einem behinderten Kind keine Mutter geben, die das Lachen nicht kennt. Das wäre grausam.” “Aber”, wirft der Engel ein, “hat sie denn die nötige Geduld?” Die Antwort Gottes verblüffte den Engel. “Ich will nicht, dass sie zu viel Geduld hat, weil sie dann in einem Meer von Selbstmitleid ertrinkt. Wenn der erste Schock abgeklungen ist, wird sie es schaffen. Sie hat den Sinn für Humor, für Selbstständigkeit und Unabhängigkeit, der bei Müttern oft selten, aber doch so notwendig ist. Verstehst Du? Das Kind, das sie bekommt, wird in seiner eigenen Welt leben. Da muss sie genügend Egoismus haben!” Dem Engel verschlägt es die Sprache. “Jetzt verstehe ich Bahnhof! Egoismus? Das ist doch keine Tugend!” Da lächelte Gott und fügte hinzu: “Wenn sie sich nicht gelegentlich von dem Kind trennen kann, wird sie das alles nicht überstehen. Sie braucht gesunde Selbstliebe. Jawohl! Sie wird aber auch beschenkt. Sie wird eine besondere Mutter sein. Nie wird sie ein gesprochenes Wort als selbstverständlich hinnehmen, nie einen Schritt als etwas Alltägliches. Wenn ihr Kind ‘Mama’ stammeln wird, wird ihr immer neu ein Wunder zuteil werden. Wenn sie ihrem Kind einen Sonnenuntergang schildern wird, wird sie diesen so sehen, wie nur wenige Menschen den Sonnenuntergang noch sehen können. Ich selber werde ihr erlauben vieles deutlicher zu sehen, vieles, was auch ich erkenne: Unwissenheit, Grausamkeit, Vorurteile. Und ich werde sie stärken, auf dass sie sich darüber zu erheben vermag. Und sie wird niemals alleine sein. Ich selber werde bei ihr sein. Jede Minute! Sie wird ihre Arbeit ebenso sicher verrichten, als wäre sie hier direkt neben mir.” “Ja, und welchen Schutzheiligen soll sie bekommen”, fragte der Engel, der seine Feder wieder aufgehoben hat und zu schreiben anfing. Da lächelte der liebe Gott noch einmal und sagte: “Ein Spiegel wird wohl genügen. Damit sie ihr Gesicht sieht. Denn sie selbst ist bereits eine Schutzheilige!”

Im Mai ist in der Kirche, viel öfters als sonst, von einer besonderen Mutter die Rede, das vorhin erzählte hat sie zwar nicht mitmachen müssen, aber natürlich an ihrem Sohn erlebt was es heißt: Mutter zu sein. Maria -eigentlich eine mittellose Mutter, die ihren Sohn im Stall geboren hat und vor der Gewalt fliehen musste: eine Mutter auf der Flucht also!

Und als das Ärgste vorüber war, kratzt ausgerechnet der Sohn an der möglichen Idylle.

Er ist ja m.E. auch ein ganz normales Kind gewesen. Als Zwölfjähriger riss er zwar nicht direkt von zu Hause aus, ging aber doch verloren. Konfrontiert mit einem sanften Vorwurf: “Wir haben uns doch Sorgen gemacht, dein Vater (Josef) und ich!” reagiert er abweisend, ja: eigentlich recht lieblos. Hätte dieser Jesus schon damals ein Smartphone gehabt, so hätte er sich vermutlich auf ein SMS, auf ein kurzes: “Na, und?” plus “Smiley” beschränkt.  Bald wird Maria auch zu einer verlassenen Mutter. Einer Mutter, die wie Hunderttausende von Müttern es erleben muss, dass sich der Sohn abwendet, mit der Familie bricht. “Wer ist schon meine Mutter? Und wer sind meine Verwandten?”, sagte er, als sie ihn nach Hause holen wollte. “All jene, die das Wort Gottes hören. Sie alle sind meine Mutter!” Das hat gesessen und sicherlich auch weh getan. Eine Mutter, die der Todesstrafe ihres Sohnes beiwohnt, seine Ausstoßung miterlebt, den Kreuzweg mitgeht und ausharrt unter dem Kreuz, mithören muss, wie er nach Gott schreit. Nach Gott, von dem er sich verlassen fühlt! Die Pieta im Petersdom: Maria mit dem toten Sohn auf ihrem Schoß – diese trauernde Mutter ist zur Quelle des Trostes für unzählige Mütter geworden. Eine Mutter, die Schutz gewährt, eine Mutter, die Vertrauen stärkt, eine Mutter, die nicht nörgelt und moralisiert, sondern hilft, den nächsten Schritt auch im größten Schlamassel zu setzen. Eben eine MUTTER!

Ja, ich denke an meine eigene Mutter! Jetzt ist sie 84 und hat 8 Kinder mit meinem Vater großgezogen und wir waren beileibe damals nicht so brav wie wir es heute alle sind(Oha!). Wie oft hat unsere Mutter, wenns wirklich wieder turbulent unter uns herging und nicht mehr auszuhalten war, gesagt, dass sie am liebsten alles hinschmeissen möchte, hat dann das Haus verlassen und ist erst nach Stunden wiedergekommen. Da waren wir aber friedlich und hatten einen totalen „Reisgang“, dass sie ihre Drohung wahr macht, leider hielt unser Vorsatz, uns zu bessern, nicht allzu lange. Aber die Mutter ist geblieben. Wie oft hatte auch ich mit ihr „Sträusse ausgefochten“-wie man so schön sagt-, wenn sie als „ meine Widumhäuserin“ in Elbigenalp für 6 Jahre die Hälfte jedes Monats bei mir nach dem Rechten schaute und, falls unsere Ansichten über Lebensstil und co. wieder zu sehr auseinanderklafften, hat sie den Vater ins Lechtal beordert, um dann 14 Tage von ihrem Sohn, dem Pfarrer, Ruhe zu haben. Sie ist immer wieder gekommen, weil sie MUTTER ist. Jetzt im Alter können wir über so manche Turbulenzen lachen.

Die Beziehung von einer Mutter zu ihrem Kind ist immer eine besondere, eine einmalige, eine unverwechselbare. Selbst, oder gerade dann, wenn Unverständnis, Brüche, Abbruch oder bloß Missverständnisse und Überforderung an der Tagesordnung stehen. Selbst oder gerade dann ist es eine unverwechselbare Beziehung. Eine einmalige! Deswegen ist für das Kind, für die Tochter und für den Sohn ihre und seine Mutter immer ein besonderer Mensch. Immer, mit allen Ecken und Kanten, mit allen ups and downs, eben Mutter!

Allen Müttern alles alles Liebe und Gottes Segen zum heutigen Muttertag und einen riesigen Dank, dass ihr einfach da seid.

Pfr. Josef Scheiring