Predigt-Gedanken zum 7. Sonntag der Osterzeit (24.5.2020) von Pfr. Josef Scheiring

Gedanken zum Evangelium Joh 17,1-11a vom 7.So d Osterzeit A

Vom Beten Jesu berichten alle vier Evangelisten.

Oft geschah es, dass Jesus sich von den Menschen zurückzog in die Einsamkeit, in die Stille der Nacht, auf einen Berg.

Dort betete er – ganz allein. Das Gebet war ihm wichtig. Das macht er in vielen Hinweisen und Ermahnungen deutlich.

Jesus betete so, dass seine Jünger ihn baten: „Herr, lehre uns beten!“

Wenn es in der Hl. Schrift auch heisst: „Er ging nach seiner Gewohnheit am Sabbat in den Tempel“, so hat man beim Beten Jesu doch nie den Eindruck, dass er nur ein Pensum erledigt, obwohl er auch das Ritual und die Regelmäßigkeit anscheinend liebt.

Ich glaube, wir können von Jesus das Zueinander von Spontaneität und guter Gewohnheit lernen.

Wo nur Lust und Laune, Bedürfnis und Beliebigkeit uns zum Beten bringen, womöglich sogar unter Berufung, dass nur spontanes Gebet echt sei, da kann sich kein Gebetsleben entfalten.

Das freie, spontane Gebet ist gut. Aber es ist nicht ratsam, sich ganz und gar darauf zu verlassen. Das Leben sprudelt nicht immer. Es gibt auch Durststrecken.

Deshalb ist es wichtig, gute vorgeformte Gebete zu kennen.

Sie können ein großer Reichtum sein. In Stunden der Leere und der Not, in Wartesälen und auf langen Autofahrten, in Krankheit, bei Schlaflosigkeit bis hin zum Sterbebett können sie eine große Hilfe sein und: auch beim Radfahren.

Liebe Schwestern und Brüder!

Das neue Gotteslob enthält im ersten Teil eine große Sammlung und Auswahl guter und schöner Gebete. Wenn wir die abgedruckten Psalmen dazu nehmen, haben wir hier einen echten Gebetsschatz für das persönliche Gebet.

Es sind Gebete großer Gestalten christlicher Spiritualität durch viele Jahrhunderte, Gebete von Heiligen und manche Gebete auch von engagierten Christen unserer Zeit.

Wo sich jemand ein solches Gebet zu eigen macht, besteht die Möglichkeit, dass er auch von der inneren Haltung dieser Menschen vieles übernimmt.

Ich denke z. B. an das Gebet des Nikolaus von der Flüe „Mein Herr und mein Gott…“ (Gotteslob 9,5) oder an das „Atme in mir, du Heiliger Geist   “ (Gotteslob 7,2), das dem hl. Augustinus zugeschrieben wird. Aber es gibt auch Gebete in Leid und Not, enttäuscht von einem geliebten Menschen, Gebete für Jugendliche und Menschen in Ehe und Partnerschaft. Es lohnt sich, diesen Schatz mal anzuschauen und vielleicht das ein oder andere Gebet zu „heben“.

Wer in schwierigen Situationen getan hat, was er konnte, wer also im Gebet Gott nicht zum Handlanger der Menschen oder zum Lückenbüßer macht, der kann und darf alles sehr bewusst, aber auch getrost in Gottes Hände legen. Man kann dadurch eine große Ruhe, innere Gelassenheit und tiefen Frieden finden, das sagen uns viele „geistliche Gestalten“ der Geschichte.

Es ist ähnlich wie dort, wo ich mich bei einem Menschen meines Vertrauens ausspreche, ihm alle meine Sorgen und Probleme mitteile. Äußerlich verändert sich die Not vielleicht nicht. Aber ich weiß mich aufgehoben bei einem, der mir zugetan ist, der mich versteht, der mir Wertschätzung entgegenbringt und der ein großes Interesse daran hat, dass es mir gut geht.

Ich muss ja zugeben, dass mir das Beten oft nicht leicht fällt, in solchen Situationen versuche ich einfach, ohne Worte vor Gott zu verweilen, ruhig zu werden, still, schweigend da zu sein ihm, mich ihm hinhalten, mich ihm anvertrauen, eintauchen in seine Gegenwart. Ganz leicht gelingt mir dies oft bei meinen einsamen Radtouren, im rhythmischen Treten und Atmen fühle ich große Zufriedenheit.

Eine der schönsten Definitionen von Gebet stammt von Theresa von Avila: „ Beten ist meiner Meinung nach nichts anderes als das Verweilen bei einem Freund, mit dem ich oft und gern zusammenkomme, einfach um bei ihm zu sein, weil ich weiß, dass er mich liebt.“  Wie wahr das ist.

Pfarrer Josef

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2020-05-24-Pfr. Josef – Gedanken zum 7.Sonntag der Osterzeit A