Hirtenwort der österreichischen Bischöfe zum Pfingstfest 2020

Für eine geistvoll erneuerte Normalität

Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes, der in jeder Situation alles neu machen kann. Die verängstigten Jünger wurden durch diesen Geist ermutigt, ihre Isolation zu verlassen und freimütig das Evangelium zu verkünden. Dieses pfingstliche Ereignis sowie den fünften Jahrestag des Erscheinens der Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus nehmen wir zum Anlass, uns an alle Menschen in Österreich zu wenden. Zur Eindämmung der Corona-Pandemie mussten wir das öffentliche Leben auf ein Minimum reduzieren. Selbst die gemeinsamen Gottesdienste, die vielen Menschen geistliche Nahrung bieten, konnten nicht mehr stattfinden. Das war ein schwerer Verzicht, auch wenn dadurch in den Häusern und Wohnungen vielleicht mehr gebetet und damit mitten im Alltag der Glaube stärker wurde. Jetzt stehen wir in der Krisenbewältigung an einer Schwelle. Das öffentliche Leben wird schrittweise normalisiert.

Auf diesem Weg hin zu einer „erneuerten Normalität“ feiern wir Pfingsten, das Fest eines Neuen Geistes. Bereits in den vergangenen Wochen war sein belebender Atem im erfreulichen Zusammenhalt von Politik und Gesellschaft zu spüren. Die rigorosen Einschränkungen der Grundrechte wurden von der Bevölkerung mitgetragen. Jetzt jedoch mehren sich die kritischen Stimmen, die nachträglich die Verhältnismäßigkeit der verordneten Maßnahmen in Frage stellen. In dieser kritischen Phase plädieren wir für eine nüchterne Reflexion des Vergangenen sowie für ein konstruktives Miteinander, das in einer lebendigen Demokratie möglich ist. Das entscheidende Kriterium muss das Gemeinwohl sein, ohne dass damit die Freiheitsrechte des Einzelnen vernachlässigt werden dürften. Ja, für diese heikle, aber not- wendige Güterabwägung brauchen wir einen Neuen Geist! Das pfingstliche Ur-Wunder von Verständigung und Aufbruch ist auch heutzutage möglich – und nötig.

Pfingsten ist auch das Geburtsfest der Kirche. Papst Franziskus bittet uns eindringlich, dass wir uns als Gläubige nicht in einer bequemen, selbstverliebten Distanz von der Welt absondern, sondern über die eigenen Grenzen hinausgehen, um bei denen zu sein, die heute physisch, psychisch, sozial und geistlich verwundet sind. Der Heilige Geist ist für diese Weltzuwendung der primäre Herzschrittmacher. Er schenkt uns alle Gaben und Kompetenzen, die wir jetzt in der anstrengenden zweiten Phase der Krisenbewältigung brauchen. Die folgenden sieben Paare von Geistesgaben, die wir als Leitmotiv für dieses Schreiben gewählt haben, empfinden wir als Einladung, Auftrag und Befähigung, eine „erneuerte Normalität“ für unser Land aktiv mitzugestalten. Dankbar und staunend nehmen wir wahr, dass diese Talente und Charismen schon in vielen Menschen innerhalb und außerhalb der Kirche Großartiges bewirkt haben….

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2020-05-Hirtenwort der österreichischen Bischöfe_Langversion_Pfingsten 2020