Gedanken zum ausgehenden Jahr 2024 und zum kommenden Heiligen Jahr
Kurz vor dem Heiligen Jahr, nämlich am 27. Oktober 2024 endete in Rom die Bischofssynode, die von Papst Franziskus im Oktober 2021 eröffnet und als vierjähriger, weltweiter Prozess durchgeführt wurde. An den vorbereitenden Phasen beteiligten sich die Bistümer, eine Reihe von Organisationen und schließlich die Bischofskonferenzen, bevor der Prozess in die XVI. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode in Rom einmündete, die unter dem Titel stand: „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“. Die Besonderheit dieser Bischofssynode liegt nicht nur in der längeren Vorbereitungszeit und zwei Sitzungsperioden in Rom (Oktober 2023 und Oktober 2024), sondern auch in der Teilnahme zahlreicher Laien mit Stimmrecht.
Mit dieser weltweiten Synode brachte Papst Franziskus die Absicht zum Ausdruck, den synodalen Organen breiteren Raum in der Kirche einzuräumen. Trotz der Neuheiten dieser Bischofssynode bleibt zu bedenken, dass es um kein Strukturelement neuesten Datums geht, denn verschiedene Formen von Synoden und Konzilien gehören zu den ältesten Einrichtungen der Kirche.
So beschloss bereits das Ökumenische Konzil von Trient (1545-1563), dass jede Kirchenprovinz alle drei Jahre ein sogenanntes Provinzialkonzil abhalten müsse. Der Salzburger Erzbischof Johann Jakob von Kuen-Belasi folgte der Einladung und hielt 1569 mit Beteiligung der zur Kirchenprovinz gehörigen Bistümer ein Provinzialkonzil ab, an dem alle zur damaligen Salzburger Kirchenprovinz gehörigen Bistümer teilnahmen und welches verbindliche Beschlüsse fasste. Der Heilige Karl Borromäus (1538-1584), Erzbischof von Mailand, dem verschiedene Kirchen in Tirol geweiht sind, erklärte angesichts eines Provinzialkonzils in Mailand sogar, dass die Wiederherstellung der kirchlichen Disziplin weitgehend von der regelmäßigen Abhaltung der Provinzialkonzilien abhänge. Auch auf diözesaner Ebene wurden unter dem Vorsitz der jeweiligen Bischöfe Synoden abgehalten.
Ebenso wie das Konzil von Trient gab das Zweite Vatikanische Konzil Anstoß für eine Reihe Konzilien sowie Synoden auf nationaler Ebene: in den Niederlanden fand im Jahr 1966 ein Pastoralkonzil statt, um die Impulse des Konzils umzusetzen.
Im Jahr 1969 entschied die Deutsche Bischofskonferenz, eine Synode aller Bistümer einzuberufen. Diese auf die Bistümer des damaligen Westdeutschland beschränkte Synode fand von 1971-1975 mit acht Vollversammlungen in der Stadt Würzburg statt und verabschiedete 18 Beschlussdokumente. Von den 300 Mitgliedern waren fast die Hälfte, d.h. 140, Laien, die von Räten und Verbänden gewählt wurden. In unserem Nachbarbistum Brixen fand von 2013 bis 2015 eine Diözesansynode statt. Die Deutsche Bischofskonferenz begann im Jahr 2019 den Synodalen Weg.
„Gespräch im heiligen Geist“
Die für die Versammlungen der Weltsynode gewählte Methode des „Gesprächs im heiligen Geist“ macht deutlich, dass es nicht einfach darum geht, auf pfarrlicher, diözesaner, nationaler und internationaler Ebene ständig Versammlungen und Sitzungen einzuberufen. Um leeres Gerede zu vermeiden, ist es unerlässlich, sich darauf zu besinnen, dass in der Kirche dem Heiligen Geist die Hauptrolle zukommen muss. Jedes kirchliche Gremium, angefangen vom Pfarrgemeinderat und vom Pfarrkirchenrat, muss sich der Frage stellen, wie es kann gelingen kann, diesem Geist in uns und unter uns wirklich Raum zu geben?
Wesentlich ist die Betonung der Glaubensverkündigung: Die Beschäftigung mit Synodalität darf nicht zu einem Kreisen um sich selbst führen, weil uns der Heilige Geist drängt, das Evangelium zu leben und zu verkünden, vor allem auch denen, die Christus noch nicht kennen. Der Begriff „Synode“ kommt vom altgriechischen „sýnodos“: „ein gemeinsamer Weg“. Damit bedeutet nicht, sich auf die Suche nach einem gemeinsamen Weg zu beschränken, sondern verlangt auch: Hinauszugehen! Eine synodale Kirche bemüht sich nicht nur darum, die Beziehung der Amtsträger und MitarbeiterInnen untereinander zu verbessern, sondern um die Schaffung eines stabilen, offenen und aufnahmefähigen Netzes von Beziehungen, inspiriert vom Heiligen Geist: mit Gott, in den Familien, am Arbeitsplatz, in den Schulen und Universitäten, in den caritativen Einrichtungen, in den Vereinen, zwischen den gesellschaftlichen Gruppen, in den politischen Gremien etc.
Dabei geht es nicht um das Hervorrufen oberflächlicher Gefühle, um Augenblicke von Enthusiasmus. Das Vorbereitungsdokument (Instrumentum laboris) auf die eben zu Ende gegangene weltweite Synode stellt auch anspruchsvolle Forderungen: „Eine synodale Kirche braucht eine Kultur und Praxis der Transparenz und Rechenschaftspflicht (…), die unerlässlich sind, um das gegenseitige Vertrauen zu fördern, das für einen gemeinsamen Weg und die Wahrnehmung der Mitverantwortung für die gemeinsame Sendung notwendig ist“ (Nr. 73).
Im am 26. Oktober 2024, dem österreichischen Staatsfeiertag, veröffentlichten Schlussdokument der Bischofssynode heißt es am Ende: Durch die Erfahrung des Synodenprozesses ist uns bewusst geworden, dass das zu empfangende und verkündete Heil über Beziehungen erfolgt. … Die Schöpfung selbst spricht von Einheit und Teilen, von Vielfalt und Verflechtung verschiedener Lebensformen. Alles kommt aus Harmonie und strebt nach Harmonie, auch wenn es die verheerende Wunde des Bösen erleidet. Die ultimative Bedeutung der Synodalität ist das Zeugnis, das die Kirche von Gott, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist geben soll, einer Harmonie der Liebe, die aus sich selbst herausströmt, um sich der Welt zu schenken. Indem wir im synodalen Stil wandeln, in der Verflechtung unserer Berufungen, Charismen und Ämter, und indem wir auf jeden zugehen, um die Freude des Evangeliums zu bringen, können wir die Gemeinschaft erfahren, die rettet: mit Gott, mit der ganzen Menschheit und mit der ganzen Schöpfung. Dann werden wir jetzt beginnen, dank des Teilens das Festmahl des Lebens zu erleben, das Gott allen Völkern anbietet (Nr. 154, vorläufige Übersetzung aus dem italienischen Original).
Heiliges Jahr
Die Synode lädt uns also ein, voll trotz aller Ungewissheiten, welche auf unserer Zukunft lasten, unseren Glaubensweg gemeinsam und voll Hoffnung zu gehen. Das am 24. Dezember, also genau am Tag der Weihnachtsvigil, beginnende Heilige Jahr, steht unter dem Motto der Verkündigungsbulle: „Spes non confundit, zu Deutsch: „die Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen“. Es stammt aus dem Römerbrief (5,5). Hoffnung ist damit die zentrale Botschaft des bevorstehenden Heiligen Jahres. Viele Pilger der Hoffnung werden in die Stadt der Apostel Petrus und Paulus kommen, um an den Liturgischen Feiern des Heiligen Jahres teilzunehmen, während andere es in ihren Heimatkirchen begehen werden.
Aus symbolischer Sicht kommt der Heiligen Pforte eine besondere Bedeutung zu. Ihre Funktion liegt darin, dem Pilger durch ihr Durchschreiten den Eintritt in ein Gotteshaus besonderer Bedeutung, nämlich einer Päpstlichen Basilika zu ermöglichen. Mit ihrer Eröffnung durch den Papst in St. Peter beginnt das Heilige Jahr. Ursprünglich gab es nur eine solche Pforte, und zwar in der Lateranbasilika, der Kathedrale des Bischofs von Rom. Um den zahlreichen Pilgern diese Geste zu ermöglichen, wurden im Laufe der Zeit auch in den anderen römischen Patriarchalbasiliken – St. Peter, Santa Maria Maggiore und Sankt Paul vor den Mauer – Heilige Pforten eingebaut, die ebenso vom Papst eröffnet werden.
Das Überschreiten der Schwelle einer Heiligen Pforte führt den Pilger symbolisch zu Christus, dem Guten Hirten, der im Evangelium von sich selbst sagt: Ich bin die Tür; wer durch mich eintritt, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden. Das Durchschreiten der Heiligen Pforte drückt die Bereitschaft aus, Jesus, dem Guten Hirten, zu folgen und sich von ihm leiten zu lassen.
Das Eingangsportal der romanischen und gotischen Kirchen ist immer besonders kunstvoll gestaltet. Oberhalb der Eingangspforte thront Christus umgeben von den Heiligen. Wer sie durchschreitet, tritt in das „Haus Gottes“ ein, dem man sich mit Respekt, angemessenem Verhalten und angemessener Kleidung nähert. Zugleich ist der Kirchenraum ein Ort für jene Harmonie der Liebe, die aus Gott dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist herausströmt und ein Ort, in den wir im synodalen Stil eintreten, in der Verflechtung unserer Berufungen, Charismen und Ämter.
Rom, am 27. Oktober 2024, an dem die Weltsynode endete
P. Nikolaus Schöch
Pater Dr. Nikolaus SCHÖCH, O.F.M., wurde am 12. August 1960 in Innsbruck geboren. Nach den feierlichen Gelübden im Franziskanerorden wurde er 1988 zum Priester geweiht. Von 1988 bis 1990 wirkte er in der Pfarrei Enns-St. Marien und unterrichtete Religion an der Volksschule. Im Jahr 1994 erlangte er den Doktorgrad im kanonischen Recht, im Jahr 1995 das Diplom des Anwalts am Gericht der Römischen Rota und habilitierte sich im Jahr 1999 an der theologischen Fakultät der Universität Salzburg. Seit 1995 ist er Professor für kanonisches Recht an der Fakultät für Kirchenrecht der Päpstlichen Universität Antonianum und wirkte von 1999 bis 2005 als deren Dekan. Im November 2004 wurde er von Papst Johannes Paul II. zum stellvertretenden Ehebandverteidiger und im Mai 2009 von Papst Benedikt XVI. zum stellvertretenden Kirchenanwalt am Höchstgericht der Apostolischen Signatur berufen, zu dessen einzigem Ehebandverteidiger ihn Papst Franziskus am 25. September 2019 ernannte. Es ist das Amt, das er nach wie vor hauptamtlich ausübt.